Wer
übergewichtig ist, wird des Öfteren daran erinnert, dass er etwas dagegen
tun
sollte. Es ist daher nicht allzu leicht, das Lebensgefühl, es sei alles
in
Ordnung, aufrecht zu halten. Wie aber kommt man zurecht mit der permanenten
Widerspiegelung
von schlanken oder muskulösen Idolen, von normalen
Laborwerten
und abschreckenden Krankheitsbildern? Und mit dem Widerspruch,
dass
man es ja eigentlich selbst auch möchte, nämlich superschlank
und
muskulös zu sein, es aber einfach nicht schafft? Etwas, das auf geheimnisvolle
Art
gegen die eigenen Wünsche läuft, ohne dass man es begreifen
könnte,
hat etwas Bedrohliches. Da nützt es auch nichts, einen Schuldigen
für
das eigene Übergewicht zu finden. Dieses Ausweichmanöver mag uns insofern
erleichtern,
als es uns glauben macht, dass wir eben nichts gegen unser
Übergewicht
tun könnten. Wir werden auf diese Art und Weise zumindest
Schuldgefühle
los. Aber selbst dann ist in den meisten Fällen das Unbehagen
vorhanden,
dass etwas mit dem eigenen Körper nicht in Ordnung sei. Es gibt
nur
die Wahl: entweder selbst schuld oder krank zu sein. Keine dieser Alternativen
ist
erfreulich. Dies ist der Grund dafür, warum die meisten, die sich dem
Essproblem
stellen, angesichts der ersten Tatsachen weniger einen Schock als
vielmehr
Erleichterung verspüren.
Das
Ausmaß der Erleichterung, die sich einstellt, wenn man zu sehen beginnt,
was
man isst, geht aber darüber noch hinaus. Es muss also noch etwas
im
Spiel sein, was sich durch das Erkennen erübrigt, sich „in Luft auflöst“. In
vielen
Gesprächen wurde berichtet, dass die Verzweiflung, nicht zu wissen,
wie
man „es“ angehen solle, verschwunden sei. Sonja, die nach vielen vergeblichen
Diäten
einige Monate Ernährungsprotokoll führte, drückte das so
aus:
„Plötzlich sah ich eine Hoffnung. Ich sah, dass das nicht nur ein leeres
Versprechen
war, sondern dass es um Fakten und reale Möglichkeiten ging,
und
dass ich nun vorhersehbar planen konnte, und alles war zu jeder Zeit
überprüfbar!“
Wenn ich weiß, warum ich zunehme, weiß ich auch, wie ich
abnehme,
so könnte die Konsequenz daraus zusammengefasst werden. Aus
dem
Mysterium des Abnehmens wird ein ganz reales und planmäßig durchführbares
Vorhaben.
Noch
etwas kann beobachtet werden: das Gefühl des Selbstmitleids. „Ich esse
ja
eh so wenig, und von dem Wenigen nehme ich auch noch zu!“ – „Ich kann mir
nichts
leisten!“ – „Ich bin benachteiligt! – Die anderen dürfen essen und trinken,
so
viel sie wollen und nehmen nicht zu!“ So lauten die Gedankenund Gefühle,
die
vielfach unbewusst Übergewichtige begleiten und erst dann ins Bewusstsein
rücken,
wenn sie sich erübrigt haben . Führt man ein Ernährungsprotokoll,
sieht
man, dass es nicht nur einen, sondern sehr viele Wege gibt, sein Gewicht zu
reduzieren.
Dass man die Wahl hat: entweder die Nachspeise wegzulassen oder
gegen
Obst auszutauschen, oder doch zu essen und dafür eine Stunde zu laufen.
Diese
wieder gewonnene Freiheit ermöglicht einen selbstverantwortlichen
Umgang
und sehr viel Vergnügen daran, sich noch mehr mit seiner Ernährung
zu
beschäftigen. Wie schade, dass wir eigentlich nie darauf hingewiesen werden,
sondern
immer nur Gebote, Verbote und Verlockungen vorfinden, denen
wir
ohne Überblick ziemlich hilflos ausgeliefert sind!
Zu
einer Erleichterung führt es auch, sich über die Dimensionen seines
Vorhabens
klar zu werden und sie in ein angemessenes Licht zu rücken. Angemessen
bedeutet
hier: ohne Übertreibung, ohne Pessimismus, mit einer
kräftigen
Portion Optimismus und Sachlichkeit. Dazu möchte ich Ihnen eine
Übung
vorschlagen:
Tipp 1: Holen Sie sich drei Stifte: einen schwarzen, einen
grünen und einen roten.
Tragen Sie nun mit dem schwarzen Stift auf der folgenden Seite
die Verlaufskurve
Ihres Gewichtes über Ihre gesamte Lebenszeit hinweg ein!
In
welcher Zeitspanne erreichten Sie Ihr jetziges Gewicht? War dies mit bestimmten
Ereignissen
oder Veränderungen verbunden?
Tipp 2: Und nun träumen Sie Ihr Abnehmziel und tragen dieses mit
einem
roten Stift ein.
Zeichnen
Sie ruhig! Auch wenn Ihnen dieses nun komisch, übertrieben oder
sonst
wie vorkommen sollte. Stellen Sie Ihre Träume nur einmal ruhig dar!
Tipp 3: Und nun greifen Sie zu Ihrem grünen Stift und zeichnen
eine
Wunschkurve, die Ihnen einerseits realistisch, andererseits aber
doch auch
zufriedenstellend erscheint.
Machen
Sie sich noch keine Gedanken darüber, wie Sie dies erreichen können.
Darüber
wird im gesamten zweiten Abschnitt dieses Buches zu lesen sein.